5 Tage Warschau - 5 Tage Geschichte Warschaus erinnern: Multiplikator*innenreise nach Warschau
Bericht von Katja
Anlässlich des 80. Jahrestages des Warschauer Aufstandes haben wir die Einladung zu einer Reise als Multiplikator*innen mit der Deutsch-polnischen Gesellschaft im Rahmen der Städtepartnerschaft von Treptow-Köpenick mit dem Warschauer Stadtteil Mokotów erhalten: wir, das sind 25 Menschen aus unterschiedlichen Kontexten der Zivilgesellschaft und Verwaltung.
Häufig wird der Warschauer Aufstand 1944 mit dem Aufstand im Warschauer Ghetto verwechselt, der ein Jahr zuvor stattfand. Beim Warschauer Aufstand hat sich die polnische Heimatarmee gegen die Besatzung gewehrt. Er wurde blutig niedergeschlagen – schätzungsweise 150.000 bis 200.000 wurden getötet.
Ein Lernen der gemeinsamen Geschichte, sowie ein Lernen aus der Geschichte heißt auch, die Perspektiven zu wechseln: nicht nur Tätergeschichte zu fokussieren, sondern reinzuzoomen in die Alltagswelten und die Geschichten der Betroffenen, sowie ihrer Familien und Nachkommen kennenzulernen, sowie auch die Gedenkkultur vor Ort. Genau das ist in den 5 Tagen passiert.
Eine kleine Dokumentation der Stationen der Reise:
Tag 1: Schon am ersten Tag durften wir nach langer Zugfahrt eine spannende Stadtführung erleben und die interessanten Geschichten zu wichtigen Denkmälern Warschaus und des Warschauer Aufstands hören. Außerdem erfuhren vieles über das Leben der Wissenschaftlerin und Nobelpreisträgerin Marie Curie.
Tag 2: Am Montag konnten wir eindrücklich und tiefgehend viele Details über den Warschauer Aufstand im Muzeum Powstania Warszawskiego erfahren. Tief bewegt haben mich gerade auch die einzelnen Geschichten: z.B. von Frauen, die medizinisch halfen, sowie vieles aus dem Alltag in Warschau während des Aufstands zu erfahren. Die Einzelschicksale verschwinden manchmal vergegenwärtig man sich die Dimensionen des Schreckens. Danach ging es ins polnische Parlament, dem Sejm, wo wir Gelegenheit hatten mit Marek Krzakala, dem Vorsitzenden der deutsch-polnischen Parlsmentariergruppe, zu sprechen, und in die Deutsche Botschaft.
Tag 3: Mokotów - der südliche Bezirk von Warszawa erstreckt sich ganze 12 Kilometer an der Weichsel entlang. Mit ca. 230.000 Einwohner*innen ist er ähnlich groß wie Treptow-Köpenick - und seine Partnerstadt! Am dritten Tag unserer Reise durften wir diesen Bezirk und seine Menschen näher kennenlernen: Wir durften eine grandiose Führung auf den Hügel zum Gedenken an den Warschauer Aufstand, Kopiec Powstania Warszawskiego, erleben; wurden herzlich und gastfreundlich begrüßt im Kulturzentrum Dorożkarnia und im Rathaus des Bezirks, sowie bei der Stiftung für Deutsch-polnische Zusammenarbeit. Am Ende des Tages durfte ich noch in die Artresidenz der Künstlerin Maria Mishoń schnuppern. Am 24. August hat sie in Treptow-Köpenick eine Ausstellung zum Wandbild, das zusammen mit Jugendlichen beider Länder gestaltet wurde, eröffnet.
Tag 4: Die polnische Geschichte ist eine jüdische Geschichte - so das Resümee von Michael Leiserowitz. Mit viel Herz erzählte er uns gestern im Muzeum Historii Żydów Polskich POLIN von der langen Verbundenheit als Lebens- und Wirkungsraum von Juden und Jüdinnen auf polnischem Gebiet.
Tag 5: Der letzte Tag unserer Reise war der 1. August 2024 – also der 80. Jahrestags des Aufstands. An diesem Tag waren wir dabei als am Gedenkort im Partnerbezirk Mokotow das kollektive Gedächtnis wachgerufen wurde, erinnert und erzählt wurde. Der Historiker Martin Kloza, einer der Teilnehmer unserer Reise, schreibt zusammenfassend am 16. August in der Berliner Zeitung dazu: „Symbolischer Höhepunkt hingegen war die gemeinsame Gedenkfeier am Morgen des 1. August im Dreszer-Park von Mokotow, als in Anwesenheit von Militär und Polizei sowie zahlreichen Vereinen, Organisationen und der Verwaltung aus dem Warschauer Bezirk die Berliner Vertretung, die während der Feier namentlich erwähnt wurde, einen Kranz am Aufstandsdenkmal niederlegte. Deutsche Anwesenheit bei derartigen Anlässen war in Europa über Jahrzehnte unerwünscht.“ Umso mehr bewegt es an einem solchen Ereignis und einer solchen Reise teilzunehmen, die neue Perspektiven, aber auch die Vielschichtigkeit des Diskurses um Gedenkkultur in Polen eröffnet hat.
Danksagung an: