Rückblick 9. November: Erdaustausch auf dem Grabfeld Altglienicke
Hintergrund zur Veranstaltung am 9. November: Im Urnensammelgrab U2 in Berlin-Altglienicke ist u.a. auch Pfarrer Zienkowski als KZ-Opfer bestattet. Frau Iwanicka und Tochter wollen als Familienangehörige zu uns nach Berlin kommen, das KZ-Sachsenhausen besichtigen und in Gegenwart von Schüler*innen des Archenholdgymnasiums und Pfarrern (...) ihres Familienangehörigen anlässlich des 80. Todestages gedenken.
Am Montag, den 9.11.20 empfing Bürgermeister Igel um 12 Uhr die Gäste im Rathaus. Von dort begaben sich die Teilnehmer*innen des Empfanges auf den Friedhof Altglienicke. Hier waren noch eine betreuende Lehrerin und ein des Archenholdgymnasiums sowie die beiden katholischen Pfarrer zur Gedenkfeier erschienen. Der ursprüngliche Plan mit allen Schüler*innen der AG an der Gedenkstunde teilzunehmen, musste wegen der geltenden Versammlungsbestimmungen drastisch eingeschränkt werden.
Bürgermeister Igel erinnerte in seiner Rede auf dem Friedhof an den 9. November, der für Deutschland ein Schicksalstag war und ist. Er machte aber auch auf die Neugestaltung der Grabanlage auf diesem Friedhof aufmerksam, um den Gästen auch das Gefühl zu vermitteln, dass das Leid und der Tod der NS-Opfer nicht vergessen werden. Ein großartiger Beweis war die Teilnahme von 1360 Berliner*innen, die mit ihrer Schrift die Namen der Toten geschrieben haben. Diese Aktion hat auch überzeugend nachgewiesen, dass viele Menschen unserer Stadt hinter dem Gedanken der Aussöhnung und der Verantwortung stehen.
Frau Iwanicka dankte in ihrem Namen und dem ihrer Tochter, dass Ihnen nach so vielen Jahren der Ungewissheit nun der Besuch an dieser Grabstätte Ihres Onkels möglich wurde. Nach ihrer Rückkehr nach Warschau schrieb sie uns: „Vielen Dank für die Fotos. Ich habe keine Kommentare, die ganze Zeremonie war sehr feierlich und wir werden uns für den Rest unseres Lebens mit Katarzyna (die Tochter) daran erinnern. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals auf dem Boden stehen würde, in dem die Asche meines Onkels ruht. Meine Tanten konnten es nicht erleben, nur ich. Ich fühle mich durch das Schicksal dieser Geschichte, wenn auch traurig, ausgezeichnet. (...)“ Frau Iwanicka berichtet über einen unbeabsichtigten Nebeneffekt, nämlich, dass ihr Bruder Andrzej und andere sich jetzt für diese Geschichte interessieren.
Dann ergriff Pfarrer Nehk als katholischer Geistlicher für die Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit im Erzbistums Berlin verantwortlich, das Wort. Er überbrachte den Gästen die Grüße und Segenswünsche des Erzbischofs von Berlin und teilte den Anwesenden mit, dass Pfarrer Zienkowski einen festen Platz im Verzeichnis der Blutzeugen des Erzbistums Berlin bekommen wird. Dieser Gedanke wird seitens der Kirche noch weiter präzisiert werden.
Hendrik Weija, ein Schüler des Archenholdgymnasiums und der Schul-AG die "AG, übergab mit seiner Grußbotschaft zum Zeichen der polnisch-deutschen Freundschaft Blumensträuße und einen Brief der AG-Mitglieder des Archenholdgymnasiums an die beiden polnischen Gäste. Dann berichtete er den Gästen, dass seine Schule einen Partnerschaftsvertrag mit einer polnischen Schule in Zgierz anstrebt und die Pflege der später neugestalteten Grabanlage U 2 in Kooperation mit der zuständigen Friedhofsverwaltung übernehmen will.
Im Schlussteil der Rede formulierte Hendrik Weija im Namen der gesamten Schul-AG den Stolz der Teilnahme am feierlichen polnisch-deutschen Erdaustausch und würdigte die historische Bedeutung des 9.November verbunden mit der Verantwortung der jungen Generation, die Wiederholung der Geschichte in dieser Form nicht zuzulassen und aktuellen rechten und nationalistischen Tendenzen entschieden entgegenzuwirken. Pfarrer Laminski, kath. Pfarrer im Pastoralen Raum Treptow-Köpenick schloß mit einem Gebet, die feierliche Zeremonie ab.
(Text Klaus Leutner)
Klaus Leutner hat zusammen mit seiner Frau das Treffen initiiert, geplant und durchgeführt. Über die Senatskanzlei, das Erzbistum Berlin und die Partnerschaften für Demokratie Treptow-Köpenick des Bundesprogramms "Demokratie leben!" wurden die Kosten für die Veranstaltung finanziert.