„Die Konstruktion des homophoben Fremden“ Vortrag mit anschließender Diskussion
Freitag, 7. Oktober 2016 | 18 Uhr | KungerKiezInitiative e.V.| Karl-Kunger-Straße 15 12435 Berlin | Facebook-Veranstaltung
Seit dem 11. September 2001 war die Unterstellung einer angeblich „besonderen“ Homophobie eine der vielen Taktiken, hier lebende Muslim_innen fremd zu machen. Waren die sozialwissenschaftlichen Belege für diese Unterstellung schon äußerst mager, so gilt dies umso mehr für die Kulturgeschichte des Islams. Im Unterschied zu ihrer Marginalisierung in der lyrischen Tradition Europas war gleichgeschlechtliche Liebe über Jahrhunderte einer der zentralen Topoi der persischen und arabischen Literatur, auch und gerade in der religiösen Liebesdichtung. Mag sich daran in den letzten hundert Jahren noch so viel ins Gegenteil verkehrt haben, stimmt die Wirklichkeit in vielen Ländern der sog. islamischen Welt doch bis heute nicht mit jener vereindeutigenden Konstruktion überein, die sie als bloßen Hort der Unterdrückung kennt.
Ironischerweise waren es daher auch nicht die »Zuwanderer«, sondern die Islamfeinde selbst, welche mit ihrem Kulturkampf gegen alles Fremde einen kulturellen Umschwung auslösten, der sich bald auch gegen die Emanzipation von Lesben, Schwulen und Transgender richtete. Mit dem Erstarken rechter Positionen hat sich der Anteil der Deutschen, die es als „ekelhaft“ empfinden, wenn sich zwei „Homosexuelle“ küssen, innerhalb von nur zwei Jahren auf 40 Prozent verdoppelt. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf den dünnen Firnis der Liberalität, der in den letzten Jahren schon etwas voreilig zum „Wesen“ der westlichen Kultur stilisiert wurde. Der Vortrag rekapituliert, ausgehend vom baden-württemberger „Muslimtest“, den Blick auf Muslim_innen in Deutschland, um im Hauptteil die kulturelle Tradition und den historischen Wandel in der sog. islamischen Welt nachzuzeichnen. Abschließend werden anhand von Berichten und Reportagen die komplexen und widersprüchlichen Lebensverhältnisse u. a. in Afghanistan, Syrien, Pakistan und Iran diskutiert.
Georg Klauda ist Soziologe und Autor des Buchs „Die Vertreibung aus dem Serail: Europa und die Heteronormalisierung der islamischen Welt“ (Hamburg: Männerschwarm-Verlag, 2008).
Die Veranstaltung wird durchgeführt im Rahmen der „Partnerschaft für Demokratie Treptow-Köpenick“, gefördert über das Bundesprogramm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ des BMFSFJ. Mehr Informationen finden sie unter www.koordinierung-in-tk.de
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